Freundesbrief Coker
Geborgen, geliebt, gesegnet, gehalten, getragen, geführt…
Worte der Herrrnhuter Losungen am Tage unserer Anreise am 8.10.
Hallo Ihr Lieben,
Diese Lieblingstätigkeiten Gottes spüren wir deutlich. Auf drei Plätzen im Flieger
schlief ich wie ein Baby. Gehalten und getragen, trotz schaurigen Turbulenzen.
Als der Riesenvogel uns schließlich auf afrikanischen Boden absetzte, liefen mir die Tränen über die Backen. Der Tunnel zwischen Flugzeug und Flughafen ist
normalerweise ein trostloser leerer Schlauch. Nicht so im Land der vielen
Menschen. Auch hier stehen sie in Menschentrauben, wie ein Empfangskomitee.
Gleich fiel mir wieder dieses herzliche Lachen und trotz Armut, diese Lebensfreude auf.
Dann hieß es zwei Stunden warten bei der Einreiseabfertigung und auf unsere
sechs Koffer mit über 120 kg Gepäck. Die meisten hatten ihr Gepäck schon und die Angst stieg, ob sie überhaupt kommen. Eine Frau sagte etwas Schönes: „Nur
Geduld, wir sind zuhause.“ Gilt das nicht für alles Schwere in der Welt? Nur Geduld bald sind wir zuhause. In unserem zuhause war es leider mangels Strom, wie immer bei der Ankunft, zappenduster. So mußten wir mit der Taschenlampe unsere Betten beziehen. Als wir nach 21 Stunden in sie hinein sanken, schreckten wir bald wieder hoch. Plötzlich war es glockenhell und der Deckenventilator ließ uns frösteln. Der Strom war gekommen und die Schalter noch an. Es war sowieso eine der ganz seltenen kühlen Nächte mit nur 25 statt 30 Grad im Haus.
Tags drauf verbannte Abiodun noch eine Maus im Schlafzimmer und eine Ratte im Auto.
Allem Anfang liegt ein Zauber inne.
Neben großen Kakerlaken und Spinnen haben wir jetzt noch einen weiteren
Mitbewohner. Es ist Storm (Sturm), eine Art Pittbull, den sich unsere Mieter wegen der Kriminalität in der Nachbarschaft anschafften. Es ist ein armer Hund, halb verhungert bei seinen Vorbesitzern. Somit war es leicht, ihn uns mit Fressen,
handzahm zu machen. Allerdings benutzt er nachts, wenn er Freigang im Hof hat, unseren Eingang als Hundeklo. Tagsüber war er in einer Art Metallkasten, nur ein Quadratmeter groß, verbannt, was ihn ständig erbärmlich heulen ließ. Wir sorgten für eine offene Tür aus seinem Gefängnis und somit für mehr Bewegung, an einer langen Kette. Seither ist Ruhe.
Nun hört man nur noch den Tropenregen auf das Dach klatschen, was sich anhört
wie ein vorbeifahrender Zug, der nie enden will. Angenehme Kühle. Es riecht erdig.
Viele „Düfte“ sind intensiver. Bogenvillias blühen orangefarben in voller Pracht.
Sattgrün der Rasen. Doch das schönste ist unsere vielen Kinder wiederzusehen.
Sie kommen auch bei Regen. Und wie innig sie den ersten Segen empfangen.
Auch sie, diese armen Kinder fühlen sich durch und und Euch geliebt und gesegnet. Wie oft mögen sie um unser Wiederkommen gebetet haben, was ja in unserem Alter nicht selbstverständlich ist. Hier sind wieder einige nächste Nachbarn in der Mitte des Lebens hinweg gerissen worden.
Die meisten unserer Kinder sind zwar extrem dünn, aber alle leben. Das ist für uns
ein Wunder. Denn die Lebensmittel- und Benzinpreise haben sich seit April
nochmals verdoppelt, die Löhne dagegen überhaupt nicht. Im Gegenteil, durch den totalen Währungsverfall verdienen die Leute fast nichts mehr. Eine studierte
Lehrerin noch 17 Euro im Monat. Wie soll damit eine Familie ernährt, Schulgeld,
Miete, Kochgas, Kleidung, Medizin, Fahrtkosten etc. bezahlt werden? Obwohl wir
das meiste nicht brauchen und hauptsächlich vom Mitgebrachten zehren, haben wir zu zweit in der ersten Woche schon über 30 Euro verbraucht. Die Menschen hier sind Überlebenskünstler, aber allmählich am Anschlag. Viele Mütter essen nur noch einmal am Tag, um den Kindern zwei mal etwas geben zu können. Gleichzeitig werden die Kinder, die eben essen wollen zur existenziellen Bedrohung für sie.
Wenn dann wieder ein Kind erbärmlich schreit, weil es geschlagen wurde, ist es
meistens wegen eines heimlich stibitzten Bissens. Hunger. Was für fundamentale
Verwerfungen löst er in den Häusern aus. Möge Gott die Mütter ebenfalls segnen,
halten und durchtragen. Um wenigstens nicht auf der Straße zu landen, bezahlen
wir auch schon wieder Jahresmieten. Obwohl wir eigentlich jeden Euro für den
Schulbau brauchen.
Der Gott des Himmels wird es uns gelingen lassen; denn wir,( ) haben uns
aufgemacht und bauen… Herrnhuter Losung vom 15.10.
Jawohl wir bauen weiter und die Schule wächst. Die erste Decke wird verschalt. Es
gilt vieles zu entscheiden, welche Baustoffe zu welchem Preis geordert werden
können/sollen usw. Auch die richtigen Handwerker, die möglichst wenig Murks
machen, sind genauso wichtig. Und dass nichts passiert, denn sie arbeiten meist
barfuß. Gott wird es uns gelingen lassen. Aber ohne euch wäre dies nicht möglich.
Deswegen einmal mehr, herzlichen Dank für alles, was Ihr uns mitgegeben habt und für Eure Gebete, die wir auch spüren!! Gott segne auch das Werk eurer Hände!
Mögt auch ihr Euch von ihm geborgen, geliebt und gesegnet, gehalten, getragen, geführt wissen und fühlen.
In Ihm verbunden grüßen wir euch herzlich aus dem notvollen und doch
lebensfrohen Afrika.
Eure Renate und Abiodun
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Freunde helfen Nigeria e.V.
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